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Museumsmanagement Niederösterreich, Foto: Katrin Vogg

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Schirm aus der Sammlung des Krahuletz-Museums

Schirm aus der Sammlung des Krahuletz-Museums

In Niederösterreich bewegt sich was! Mit den Menschen, die hier täglich unterwegs sind, wandern auch Dinge. Ob Fahrzeuge, Lebensmittel oder die Post, es ist ein reges Treiben.

Was sich eher unbewusst mit den Menschen mitbewegt, ist deren Kleidung. Sie wandert am Leib ihrer Trägerinnen und Träger, im Koffer auf Reisen, im Einkaufssackerl oder im Umzugskarton. Das war auch schon vor 100 Jahren so.

Niederösterreichs große Museumslandschaft bietet nicht nur Besuchenden spannende Einblicke in Geschichte, Kunst und Kultur, sondern auch Wissenschaft und Forschung interessante Erkenntnisse. Umso mehr, wenn es sich um Sammlungsbestände handelt, die bisher noch nie von jemandem wissenschaftlich betrachtet wurden. Wir finden in unseren Stadt- und Regionalmuseen vielfältige Dinge, die "die Geschichte übrig ließ", die für irgendjemanden von so großer Bedeutung waren, dass sie ihren Weg in die Museumssammlungen fanden.

Es sind Dinge – oder eben, wie bei diesem Forschungsprojekt, Kleidungsstücke –, die real von Menschen genutzt wurden. Jedes für sich erzählt seine eigene Geschichte, auch wenn man über die einstigen Besitzerinnen und Besitzer nichts mehr weiß. Manchmal ist es nachvollziehbar, woher die Stoffe kamen, wo oder von wem sie produziert wurden und über welche Wege sie gehandelt wurden. – Und manchmal ist auch gut dokumentiert, wer sie erworben, getragen und weitergegeben hatte. Das sind dann die Glücksfälle für die Forschenden.

Mobilität prägt Stadt und Land

Früher war – so wie auch heute – das ländliche und kleinstädtische Leben von Mobilität geprägt. Die im 19. Jahrhundert zu einer dynamischen Metropole wachsende Stadt Wien übte mit ihren regen Verbindungen in ihr Umland und mit ihren Handelswegen in andere Städte – wie etwa Budweis, Prag, Brünn oder Preßburg – großen Einfluss auf die Kultur der umliegenden Regionen aus. Neben der Kleidung, die die Menschen an oder bei sich trugen, wanderten auch Stoffe, Schnitte und Muster von Ort zu Ort.

Damit setzte sich die Art der Bekleidung aus vielen regionalen, überregionalen und modischen Strömungen zusammen. Dies zeichnet sich auch in den Kleidungssammlungen der Museen ab: Die bisher aufgenommenen Bestände präsentieren sich sehr vielfältig. Es gibt nicht nur einfache alltägliche, sondern häufig bürgerlich-modische Gewänder, die sich an den zeitgenössischen städtischen Schnitten zu orientieren schienen.

Beispiele für "Influencer" hinsichtlich Mode waren etwa Dienstboten, die – aus niederösterreichischen Dörfern kommend – in Wien arbeiteten und häufig getragene Kleider ihrer Dienstgeber als Geschenk erhielten. Diese Kleidung diente dann in den Dörfern als Vorbild für Schneiderinnen oder für Selbstgenähtes.

Forschungsfragen

Im Forschungsprojekt werden nun die Kleidungsstücke und Accessoires systematisch hinsichtlich Herkunft, Verwendung sowie Ähnlichkeiten und Unterschieden verglichen und daraus werden Schlüsse gezogen. Dabei gehen die Forschenden zahlreichen Fragen nach: Woher kommen die Kleidungsstücke? Wo wurden sie gefertigt? Welche Wege haben sie zurückgelegt? Durch wessen Hände sind sie gegangen?

Neben den grundlegenden Daten, wie den Materialien, der Machart, den Maßen, dem Zustand und dem Stellenwert im jeweiligen Museum, wird – sofern noch nachvollziehbar – auch deren Geschichte festgehalten. Die Geschichte dieser Objekte ist auch die Geschichte der Menschen, die mit ihnen in Kontakt gekommen sind. Sie sind damit wertvolle Zeitzeugen, die uns einiges über Mobilität und (Handels-)Beziehungen zwischen verschiedenen Orten, zwischen Stadt und Land erzählen können.

 

Mobile Dinge

Ermöglicht wird diese wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Beständen niederösterreichischer Museen im Rahmen des vom Land Niederösterreich geförderten FTI-Projekts "Mobile Dinge, Menschen und Ideen. Eine bewegte Geschichte Niederösterreichs". Es befasst sich interdisziplinär mit der Mobilität von Dingen und inwieweit sich die Mobilität von Menschen und Ideen auf Dinge unseres Alltags ausgewirkt hat und auch heute noch auswirkt. Den Teilbereich "Bewegte Mode im nördlichen Niederösterreich" bestreitet das Museumsmanagement Niederösterreich gemeinsam mit dem Institut für Geschichte des ländlichen Raumes, St. Pölten. Dafür wurden und werden von zahlreichen Museen nördlich der Donau Kleidungsbestände aus den historischen Sammlungen in eine Online-Inventardatenbank eingetragen und anschließend beforscht. Vergleichend werden auch die Wald- und Weinviertler Bestände der Landessammlungen und des Volkskundemuseums in Wien betrachtet. Nach Abschluss des Projekts im Jahr 2022 werden die Ergebnisse und Highlights aus den Sammlungen veröffentlicht werden.

Die Website www.mobiledinge.at informiert über den Stand der Forschungen.

 

Text: Annina Forster und Ulrike Vitovec

Dieser Artikel ist ursprünglich im Schaufenster Kultur.Region erschienen.